Angst vor Manipulation : "Bundestagswahl-Software ist angreifbar
Angst vor Manipulation :
"Bundestagswahl-Software ist angreifbar"
Politik
Die Software zur Erfassung und Auswertung der
Ergebnisse der Bundestagswahl können leicht angegriffen werden.
Freitag, 08. September 2017
Angst vor Manipulation
"Bundestagswahl-Software ist angreifbar"
Bei einem Computerprogramm für die
Bundestagswahl gibt es erhebliche Sicherheitsprobleme. Sicherheitslücken
könnten dazu führen, dass das vorläufige Wahlergebnis manipuliert wird.
Im Interview mit n-tv.de erklärt Falk Garbsch vom Chaos Computer Club,
wie es dazu kommen konnte und ob die Mängel rechtzeitig behoben werden
können.
n-tv.de: Sind die Ergebnisse der
Bundestagswahl sicher?
Falk Garbsch: Wenn wir davon ausgehen, dass
im Nachgang die Ergebnisse überprüft werden und die Wahlhelfer das
Ergebnis mit ihren Aufzeichnungen vergleichen, kann man davon ausgehen,
dass ein Wahlbetrug auffallen würde. Aber das ist gar nicht der Kern des
Problems.
Sondern?
Es ist möglich, das vorläufige Wahlergebnis,
welches am Abend veröffentlicht wird, zu manipulieren. Das muss
verhindert werden. Die Politik redet seit Mitte letzten Jahres darüber,
dass das Risiko besteht, unsere Wahl könnte manipuliert werden. Die
angeblichen Manipulationsversuche Russlands bei der US-Wahl stiften eine
enorme Verunsicherung bei den Wählern. Wir können es uns in Deutschland
nicht erlauben, dass die Bevölkerung den Glauben in unser Wahlsystem
verliert.
Wie kann es sein, dass in Deutschland mit
einer 30 Jahre alten Software gearbeitet wird, die nie einer
fachkundigen Überprüfung unterzogen worden ist?
Die Frage stellen wir uns auch. Da haben
verschiedene Stellen versagt. Keiner ist sich auch nur annähernd dieses
Problems bewusst. Das ist katastrophal. Länder und Kommunen kaufen die
Software in Eigenregie, ohne dass die Programme von irgendjemanden
nochmal kontrolliert werden.
Falk Garbsch ist studierter Informatiker und
arbeitet in der Softwareentwicklung. Außerdem ist er einer der Sprecher
des Chaos Computer Clubs.
Die Entwickler bestreiten, dass die
Bundestagswahl manipuliert werden kann. Stimmt das?
Das ist natürlich Blödsinn. Wir haben
nachgewiesen, dass man die Software beeinflussen kann. Die Entwickler
sichern sich damit ab, das amtliche Ergebnis würde nachträglich nochmal
ausgezählt. Die Behauptung des Herstellers, er hätte die Mängel behoben,
ist faktisch falsch. Genau diese Version der Software ist weiterhin
angreifbar.
Bereits im Juni machte der Chaos Computer
Club den Hersteller auf die Probleme aufmerksam. Seit Juli erhält die
Entwicklerfirma Unterstützung vom Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik. Ist das Unternehmen ohne Unterstützung
aufgeschmissen?
Offensichtlich sind sie auch mit dieser
Unterstützung aufgeschmissen. Die Software ist einfach nicht mehr
zeitgemäß.
Der Bundeswahlleiter geht davon aus, dass die
Mängel bei dem Computerprogramm für die Bundestagswahl bis zum 24.
September behoben werden können. Hat er recht damit?
Das ist natürlich totaler Schwachsinn. Der
Bundeswahlleiter probiert, sich seine Welt schönzureden. Sein
Verständnis davon, was Softwareentwicklung ist, weicht stark davon ab,
wie Software wirklich funktioniert. Stellen Sie sich vor, Sie bauen ein
Haus, und der Bauleiter vergisst das Fundament. Niemand würde auf die
Idee kommen, nachträglich ein Fundament unter das Haus zu setzen. Ganz
im Gegenteil. Sie würden das Haus abreißen und von vorne anfangen.
Dasselbe muss jetzt mit der Software passieren, wenn sie weiter
eingesetzt werden soll.
Gibt es noch mehr Sicherheitsprobleme?
Ähnliche Sicherheitslücken könnten auch in
anderen Programmen gefunden werden. Momentan bieten eine Handvoll
Unternehmen eine Wahl-Software an. Die Ermittlung der Wahlergebnisse
findet meines Wissens bei keinem dieser Anbieter elektronisch signiert
statt. Dabei würde eine solche Signierung verhindern, dass jemand ein
Dokument unbemerkt verändern kann.
Können Sie ausschließen, dass es bereits bei
früheren Wahlen zu Manipulationen gekommen ist?
Hacker finden
Schwachstelle in Wahlsoftware
Die Sicherheitslücken bestehen nicht erst
seit heute. In der Vergangenheit ist noch viel mehr auf manuelle
Übertragungswerte gesetzt worden. Das hat potenziell das Angriffsrisiko
deutlich minimiert. Natürlich lassen sich Manipulationsversuche früherer
Wahlen nicht mehr nachträglich ausschließen.
Mit Falk Garbsch sprach Juliane Kipper
Juliane Kipper ist Volontärin bei n-tv.de.
Sie macht Station in allen Ressorts und am Newsdesk. Ihr Stamm-Ressort
ist die Wirtschaft.
Quelle: n-tv.de
http://www.n-tv.de/politik/Bundestagswahl-Software-ist-angreifbar-article20024414htmll