Eine Spionagesoftware mit dem Namen "Pegasus"
Mächtige Spionage-Software für iPhones entdeckt
26. August 2016, 07:
50231 Postings
Offenbar seit mehreren Jahren im Einsatz – Apple schließt Lücken mit
neuem Update
Eine neu entdeckte Spionage-Software hat drei iPhone-Schwachstellen
ausgenutzt, um sich weitreichenden Zugriff auf die Geräte zu
verschaffen. Nach Erkenntnissen von Sicherheitsforschern wurde das
Programm auch gegen Menschenrechtler und Journalisten eingesetzt. Apple
stopfte die Sicherheitslücken im iPhone-System iOS am Donnerstag – rund
zwei Wochen nach dem ersten Verdacht.
Experten zufolge steckt hinter dem Programm, das von ihnen "Pegasus"
genannt wurde, ein Unternehmen aus Israel. Der IT-Sicherheitsfirma
Lookout zufolge konnte das Spionage-Programm Nachrichten und E-Mails
mitlesen, Anrufe verfolgen, Passwörter abgreifen, Tonaufnahmen machen
und den Aufenthaltsort des Nutzers aufzeichnen. Die Liste der von
"Pegasus" überwachten Programme ist ebenfalls ausführlich: So befinden
sich darunter etwa WhatsApp, Facetime, Gmail, Facebook, der Apple
Calendar, Skype, Facebook und WeChat. Es ist außergewöhnlich, dass eine
Software zur Überwachung von iPhones mit derartigen Fähigkeiten, die
meist nur Geheimdiensten zugeschrieben werden, entdeckt und analysiert
werden konnte.
Gefährlicher Link
Aufgefallen sei das Schadprogramm, als der Menschenrechtler Ahmed
Mansour Verdacht bei einer Nachricht mit einem Link zu angeblichen
Informationen über Folter von Häftlingen in den Vereinigten Arabischen
Emiraten geschöpft habe, erklärten die Experten. Statt den Link
anzuklicken, habe er die Forscher eingeschaltet. Sie gaben dem
entdeckten Überwachungsprogramm den Namen "Pegasus".
"Pegasus ist die ausgeklügeltste Attacke, die wir je auf einem Endgerät
gesehen haben", resümierte Lookout. Das Programm profitiere davon, dass
mobile Geräte tief in den Alltag integriert seien. Zudem vereinten sie
eine Vielzahl an Informationen wie Passwörter, Fotos, E-Mails,
Kontaktlisten, GPS-Standortdaten. Die Spionage-Software sei modular
aufgebaut und greife zu Verschlüsselung, um nicht entdeckt zu werden.
Journalisten ausgespäht
Das kanadische Citizen Lab fand auch Hinweise darauf, dass ein
mexikanischer Journalist und bisher nicht näher bekannte Zielpersonen in
Kenia mit Hilfe von "Pegasus" ausgespäht worden seien. Insgesamt blieb
jedoch zunächst unklar, wie breit sie eingesetzt worden sein könnte.
Eine Analyse des Codes legt zudem nahe, dass die Spionagesoftware schon
seit mehreren Jahren im Einsatz gewesen sein dürfte. Jedenfalls geht der
Code von Pegasus auf das Jahr 2013 zurück, was nahelegt, dass damit seit
dem iPhone 5 und iOS 7 Angriffe gegen Apple-Geräte vorgenommen wurden.
Den Experten zufolge steckt hinter dem Programm ein Unternehmen aus
Israel, das von einem Finanzinvestor übernommen wurde und als eine Art
Cyberwaffen-Händler gelte. Ein Sprecher der Firma NSO Group erklärte der
"New York Times", man verkaufe nur an Regierungsbehörden und halte sich
streng an Ausfuhrbestimmungen. Er wollte keine Angaben dazu machen, ob
Software des Unternehmens in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder in
Mexiko im Einsatz sei.
Doch auch die Investoren der NSO Group sind durchaus interessant: Laut
einem Bericht von Reuters aus dem Vorjahr hat die US-Firma Francisco
Partners im Vorjahr 120 Millionen Dollar in den Cyberwaffenhersteller
investiert, und damals sogar einen vollständigen Kauf überlegt.
Ein Dämpfer für Apple
Apple reagiert auf die Entdeckung mit einem Update für sein
Betriebssystem: In iOS 9.3.5 werden all die von Pegasus zum Einbruch
genutzten Sicherheitslücken geschlossen. Insofern sollten iPhone, iPad
und und iPod Touch-Nutzer dringen auf die neue Version aktualisieren.
Das Unternehmen betont zudem, dass die Bugs in der aktuellsten
Beta-Version für iOS 10 ebenfalls bereits bereinigt wurden.
Für den Konzern ist das Spionageprogramm ein schmerzlicher Dämpfer: Die
Sicherheit der Geräte ist ein wichtiger Pfeiler des Apple-Marketings und
der Konzern investiert viel in Verschlüsselung und andere
Sicherheitsmechanismen.
"Zero-Day"
Sogenannte "Zero-Day"-Sicherheitslücken, die dem Anbieter einer Software
nicht bekannt sind, werden von Geheimdiensten und kriminellen Hackern
genutzt. Auch der Computer-Wurm "Stuxnet", der das iranische
Atomprogramm sabotierte, griff mehrere solcher Lücken an.
"Zero-Day"-Schwachstellen in iPhones werden teuer gehandelt. Dass
"Pegasus" gleich drei von ihnen nutzte, ist deshalb relativ
ungewöhnlich.
(APA/red, 25.8.2016)
Links
The Million Dollar Dissident: NSO Group’s iPhone Zero-Days used against
a UAE Human Rights Defender
New York Times: IPhone Users Urged to Update Software After Security
Flaws Are Found
Washington Post: This malware sold to governments could help them spy on
iPhones, researchers say
Apple-Informationen zu iOS 9.3.5
- derstandard.at/2000043374099/Maechtige-Spionage-Software-fuer-iPhones-entdeckt
http://derstandard.at/2000043374099/Maechtige-Spionage-Software-fuer-iPhones-entdeckt