Unbemanntes Kampfflugzeug: Prototyp für Europas Kampfdrohne erfolgreich geflogen
© Bild: 2012 Dassault Aviation/Ph. Stroppa
Europas erstes Testmodell für eine unbemannte Tarnkappen-Kampfdrohne ist
erstmals erfolgreich geflogen - für den französischen Rüstungskonzern
Dassault ein wichtiger Meilenstein und Imagegewinn.
von Gerhard Hegmann München
Für Waffenexperten sind sie im Krieg der Zukunft unverzichtbar:
Unbemannte und vom Radar schwer erkennbare bewaffnete Flugzeuge. Auf
einem Testgelände in Istres in der Nähe von Marseille, hob am Samstag
das erste Neuron-Testmodell für eine künftige europäische
Tarnkappen-Kampfdrohne ab. In einer knappen Pressemitteilung vom
Generalauftragnehmer Dassault heißt es lediglich, dass zehn Meter lange
Modell mit 12,5 Meter Spannweite und einem Leergewicht von fünf Tonnen
habe den Erstflug erfolgreich absolviert. Wie lange der Flug gedauert
hat und ob das Modell völlig selbstständig geflogen ist oder vom Boden
aus gesteuert wurde, war zunächst nicht in Erfahrung zu bringen. Drohne
Für den französischen Rüstungskonzern Dassault ist der Neuron-Erstflug
in technologischer Hinsicht ein wichtiger Meilenstein und ein
Imagegewinn. Dabei liegen die Europäer insgesamt aber um Jahre hinter
den USA zurück. Unmittelbar vor den Neuron-Erstflug gab es Meldungen aus
den USA, dass eine Tarnkappen-Kampfdrohne X-47B vom Hersteller Northrop
Grumman den ersten Katapultstart an Land erfolgreich absolvierte. Im
nächsten Jahr sollen dann unbemannte Kampfdrohnen von US-Flugzeugträgern
testweise starten und landen. Starts und Landungen auf Flugzeugträgern
verlangen von der Flugzeugsteuerung höchste Präzision.
Unsichtbare Spione und tödliche Waffen Das Milliardengeschäft mit den
Drohnen
Image
Dassault veröffentlichte vom Neuron-Flug ein kurzes Video, auf dem der
Start und die sichere Landung zu sehen ist. Angetrieben wird das Modell
von einem Rolls Royce Turbomeca-Düsentriebwerk. Mit dem Modell -
Fachleute sprechen von einem Demonstrator zur Erprobung von neuen
Technologien - wollen Luftfahrtfirmen aus sechs Nationen Erkenntnisse
für einen unbemannten europäischen Tarnkappenkampfjet gewinnen. Diese
Entwicklungen könnten eines Tages die drei bemannten europäischen
Kampfjets Eurofighter, Rafale und Gripen ergänzen oder ablösen. Bis eine
europäische Tarnkappen-Kampfdrohne tatsächlich zum Einsatz kommt,
dürften noch mindestens zehn bis fünfzehn Jahre vergehen.
Das 2003 gestartete, rund 405 Mio. Euro teure Neuron-Projekt hat sich
bereits mehrfach verzögert. Dennoch bewertete Dassault diese
Verschiebungen nicht als besorgniserregend. "Der Zeitplan ist nicht das
Wichtigste. Es kann technologisch sinnvoller sein, neue Entwicklungen
einzubauen, selbst wenn sich der Flug damit um ein paar Wochen
verzögert", sagte jüngst ein Dassault-Sprecher der FTD. Nach ersten
Testflügen in Südfrankreich sind in einer zweijährigen Testphase auch
Flüge in Schweden und Italien geplant.
Hinter dem Neuron-Projekt stehen neben Frankreich auch Italien,
Schweden, Spanien, Griechenland und die Schweiz mit Entwicklungsgeldern.
Das Modell wird wie das Vier-Nationen-Projekt Eurofighter aus einem
Setzkasten unterschiedlicher nationaler Zulieferungen zusammengebaut:
Der Rumpf stammt von Saab aus Schweden und die Flügel von der spanischen
EADS -Tochter Casa. Deutschland hat zu Beginn des Projekts vor zehn
Jahren beschlossen, sich nicht an der Entwicklung zu beteiligen.
Mit Spannung verfolgen Branchenkenner, ob es bei den Drohnenprojekten zu
einem Zusammengehen von Großbritannien und Frankreich kommt. Bislang
geht die Regierung in London bei Kampfdrohnen noch einen eigenen Weg. So
entwickelt der Rüstungskonzern BAE Systems die eigene
Tarnkappenkampfdrohne Taranis. Die sollte 2011 abheben, inzwischen wurde
der Flug auf das erste Halbjahr 2013 verschoben. Ob die Projekte Neuron
und Taranis künftig in einer gesamteuropäischen Kampfdrohne gebündelt
werden, ist offen.
Deutschland hat sich über seine Aktivitäten bei der EADS-Rüstungstochter
Cassidian bislang nicht beim Bau von Kampfdrohnen engagiert. Experten
sprechen von UCAV-Modellen (Unmanned Combat Air Vehicle). Cassidian
testet zwar Schlüsseltechnologien für das völlig selbständige Fliegen
von Drohnen mit dem Prototyp Barracuda. Das Modell ist 2006 erstmals
gestartet und wurde erst im Sommer in weiteren Testmissionen in Kanada
erprobt.
Cassidian sieht sich bei vollautomatisch ablaufenden, so genannten
autonomen Flugeinsätzen von Drohnen weltweit in einer Spitzenposition.
UCAV-Entwicklungen, also etwa Drohnen mit Bomben, sind offiziell im
deutschen Zweig von Cassidian aber noch nicht angelaufen. Die Bundeswehr
selbst plant aber die Beschaffung von kleinen bewaffneten Drohnen.