Strahlung und Gesundheit : Ist der neue
5G-Mobilfunk gefährlich?
Frage & Antwort Dienstag, 19. Februar 2019
Strahlung und Gesundheit Ist der neue 5G-Mobilfunk gefährlich?
Von Kai Stoppel
Es soll alles schneller und besser werden im
neuen Mobilfunkzeitalter: Ab 2020 soll der neue Standard 5G in
Deutschland die Industrie beflügeln und autonomes Fahren ermöglichen.
Genutzt werden dafür höhere Frequenzen als bisher. Was macht das mit dem
menschlichen Körper?
Mit der Einführung neuer Technik geht seit
jeher auch die Sorge einher: Ist das gefährlich für den Menschen? Nicht
anders ist es bei dem neuen Mobilfunkstandard 5G, der ab 2020 in
Deutschland starten wird. Er soll autonomes Fahren ermöglichen und die
sogenannte Industrie 4.0 sowie das Internet der Dinge anschieben.
Genutzt werden dafür sogenannte hochfrequente Felder. Sind wir am Ende
also total verstrahlt?
SAR-Wert
Der SAR-Wert bezieht sich auf die Spezifische
Absorptionsraten (SAR) von Handys. Sie bezeichnet die Menge an Energie,
die etwa der Kopf beim Telefonieren mit dem Handy aufnimmt, wenn das
Gerät ans Ohr gehalten wird. Die SAR wird in Watt pro Kilogramm
Körpergewicht gemessen. Der SAR-Wert soll in Deutschland nicht mehr als
2 Watt pro Kilogramm betragen. Hersteller von Handys ermitteln den
maximalen SAR-Wert selbst. Eine Liste des Bundesamts für Strahlenschutz
gibt eine Übersicht über die SAR-Werte gängiger Handys. Das
Umweltbundesamt empfiehlt den Kauf von Handys mit einem SAR-Wert kleiner
als 0,6 Watt pro Kilogramm.
Mobilfunkstrahlung, wie sie bei 5G verwendet
wird, ist elektromagnetische Strahlung. Diese gibt es auch in Form von
sichtbarem Licht, Ultraviolettstrahlung oder Radiowellen. Der
Unterschied liegt jeweils im Frequenzbereich: Je höher die Frequenz,
desto energiereicher ist die Strahlung. Und je energiereicher, desto
mehr Einfluss hat sie auf lebendes Gewebe. Besonders gefährlich wird
elektromagnetische Strahlung, wenn sie ionisierend wirkt, was zu Schäden
in Zellen führen kann. Dazu sind etwa Röntgen- und Gammastrahlen fähig.
Mobilfunkstrahlung hingegen ist davon weit entfernt.
Doch auch Mobilfunkstrahlung hat Auswirkungen
auf den menschlichen Körper. Wie die Strahlung einer Mikrowelle regt sie
Wassermoleküle zum Schwingen an. Dadurch entsteht Wärme. Beim
Telefonieren mit einem Mobiltelefon erwärmt sich der Kopf, beim Benutzen
eines Headsets der Körperteil, dem das Handy dann am nächsten ist. Damit
diese Erwärmung jedoch nicht gesundheitsschädlich wirkt, gelten für
Mobiltelefone und Sendemasten Grenzwerte.
Den Grenzwerten liegt die Überlegung
zugrunde, dass der Körper sich im Kern um nicht mehr ein Grad erwärmen
sollten, da ab dieser Grenze gesundheitliche Schäden befürchtet werden.
Um zu ermitteln, wie viel Energie der Körper durch hochfrequente Netze
aufnimmt, wird die Spezifische Absorptionsrate (SAR) als Maß genommen.
Von ihr lässt sich ableiten, wie stark die Erwärmung durch die Strahlung
ist.
Kann Mobilfunk Krebs verursachen?
Diese "thermische Wirkung" von
Mobilfunkstrahlung ist gemeinhin bekannt und der Wirkmechanismus
nachvollziehbar. Doch kann Mobilfunkstrahlung möglicherweise auch
schwere Krankheiten wie Krebs verursachen? "Das kann noch nicht
abschließend beurteilt werden", sagt die Biologin Sarah Drießen zu
n-tv.de. Sie leitet das EMF-Portal der RWTH Aachen, auf dem
wissenschaftliche Arbeiten zu dem Thema gesammelt werden.
Versteigerung von 5G-Lizenzen
Netzbetreiber wollen Auflagen nicht erfüllen
Auch die Internationale Agentur für
Krebsforschung (IARC) kam 2011 in einer Bewertung von Studien zu einem
ähnlichen Schluss: Die im Mobilfunk verwendete Hochfrequenzstrahlung sei
"möglicherweise krebserregend". Denn in einigen der untersuchten Studien
stellte sich heraus, dass bei Vielnutzern von Handys ein statistisch
signifikant erhöhtes Risiko für einen Hirntumor aufgetreten war.
"Allerdings war das Risiko sehr klein und die betroffene Nutzergruppe
auch", erläutert Drießen. Es sei daher nicht sicher, ob wirklich ein
Zusammenhang zur Mobilfunkstrahlung besteht. Und im Gegensatz zur
Erwärmung gebe es "keinen Wirkmechanismus, der das erklären könnte".
Neue Studien sorgen für Aufsehen
Allerdings haben zwei neuere Studien der
Debatte neue Nahrung gegeben: eine Langzeitstudie des US-amerikanischen
National Toxicology Program (NTP) sowie eine Untersuchung am
Ramazzini-Institut der Universität in Bologna. Bei beiden Studien wurden
Ratten und Mäuse Mobilfunkstrahlung ausgesetzt. Und die Forscher
entdeckten jeweils einen Zusammenhang zwischen Strahlung und Krebs - bei
den Versuchen in den USA allerdings nur bei männlichen Ratten.
Doch die Bedeutung der Studien für den Alltag
des Menschen ist umstritten. Bei der US-Studie etwa übertraf die
Strahlenbelastung die in Deutschland bestehenden Grenzwerte um ein
Vielfaches. Zudem waren die Tiere täglich neun Stunden der Strahlung
ausgesetzt, was nicht realen Bedingungen von Handynutzern entsprechen
dürfte. Zudem ist unklar, inwiefern Tierstudien in diesem Bereich auf
den Menschen übertragen werden können. Dennoch mahnt Drießen, diese
Studien ernst zu nehmen. Möglicherweise habe Mobilfunkstrahlung doch
noch einen anderen Wirkmechanismus als nur den thermischen Effekt.
Das ändert sich mit 5G
Weniger Zweifel gibt es bei der Frage, ob
Mobilfunkstrahlung die Fruchtbarkeit von Männern beeinträchtigen kann.
Denn darauf gibt es laut Drießen keine "konsistenten Hinweise". "Es gibt
vereinzelte Studien, die darauf hindeuten, aber genauso gibt es sehr
gute Studien, die sagen, es gibt keinen Effekt." Laut dem Bundesamt für
Strahlenschutz (BfS) ist bei intensiven Handynutzern eine verringerte
Fruchtbarkeit zwar festgestellt worden - dies sei aber auf "andere
Faktoren ihrer Lebensweise" zurückzuführen.
Mehr Forschung nötig
Inwiefern lassen sich bisherige Studien auf
die bei 5G verwendeten Frequenzen übertragen? In Bezug auf die
Frequenzen zwischen 2,0 und 3,7 Gigahertz, die im Frühjahr 2019 als
erstes versteigert werden sollen, meint Drießen: "Das ist ziemlich
ähnlich zu bewerten wie die Mobilfunkstudien, die bereits existieren."
Was anderes sei es, wenn in Deutschland künftig auch Frequenzen im
Bereich von 30 bis 80 Gigahertz genutzt werden sollten. "Je
hochfrequenter die Strahlung, desto mehr von ihr wird an der
Körperoberfläche absorbiert", so Drießen. Der thermische Effekt an der
Körperoberfläche wäre dann vermutlich größer. Was die
Gesundheitsgefährdung von 5G in diesem Wellenbereich anbelangt, müsse
daher noch genauer untersucht werden.
Übrigens: Angesicht noch einiger offener
Fragen rät das BfS alle Handynutzer zu gewissen Vorsichtsmaßnahmen, um
bisher unbekannten Risiken vorzubeugen:
Lieber das Festnetztelefon benutzen, wenn es
möglich ist.
Telefonate am Handy kurz halten.
Headsets benutzen, um die Strahlung vom Kopf
fern zu halten.
Nicht bei schlechtem Empfang telefonieren -
denn je schlechter die Verbindung, desto höher muss die Leistung sein,
mit der das Handy sendet.
Quelle: n-tv.de
https://www.n-tv.de/wissen/frageantwort/Ist-der-neue-5G-Mobilfunk-gefaehrlich-article20862267.html