Eine Frage der Frequenzen : Wird Deutschland mit 5G-Masten gespickt?
Eine Frage der Frequenzen : Wird Deutschland
mit 5G-Masten gespickt?
Technik Mittwoch, 13. Februar 2019 Eine Frage der Frequenzen Wird Deutschland mit 5G-Masten
gespickt? Von Klaus Wedekind
Wird man in Zukunft in Deutschland auf
Schritt und Tritt 5G-Masten begegnen? REUTERS
Müssen für den 5G-Ausbau in
Deutschland tatsächlich 800.000 Funkmasten errichtet werden? Wird es den
neuen Mobilfunkstandard wirklich flächendeckend geben und wann soll es
so weit sein? Es ist alles eine Frage der Frequenzen. Deutschland müsse für einen
flächendeckenden 5G-Ausbau mit 800.000 Funkmasten gespickt werden,
warnte Bitkom-Präsiden Achim Berg, nachdem die Bundesnetzagentur im
vergangenen November die Vergaberegeln für die kommende Versteigerung
von 5G-Frequenzen bekannt gegeben hatte. "Deutschland müsste im Abstand
von je einem Kilometer mit Funkmasten gespickt und
schachbrettmusterartig aufgebaggert oder aufgefräst werden." Damit
erregte der Branchenverband wie gewollt großes Aufsehen, für bare Münze
darf man die Aussagen seines Präsidenten allerdings nicht nehmen.
Falsche Frequenzen für Flächenausbau Versteigert werden voraussichtlich in
der zweiten Märzhälfte die Frequenzen um 2 und 3,6 Gigahertz (GHz).
Müssten die mitbietenden Mobilfunkanbieter alleine damit 5G in
Deutschland flächendeckend ausbauen, würde die Aussage wohl stimmen.
Denn vor allem das 3,6-GHz-Band hat den großen Nachteil, dass es zwar
hohe Datenraten transportieren kann, dies aber nur über kurze Distanzen
(maximal 1 Kilometer).
Die Voraussetzung für den 5G-Ausbau
ist, dass eine Glasfasernetz vorhanden ist, dass die Masten versorgt. (Foto: Deutsche Telekom) Je niedriger eine Frequenz ist, umso
größer ist ihre Reichweite. Auch 2 GHz sind mit einer Reichweite von 3
bis 4 Kilometern für einen flächendeckenden Ausbau kaum geeignet.
Außerdem stehen die Frequenzen in diesem Bereich frühestens ab 2021 zur
Verfügung, da sie noch für UMTS genutzt werden. Teilweise werden die
Lizenzen auch erst 2026 frei. Für die Fläche unter 1 GHz Für den flächendeckenden 5G-Ausbau
sind Frequenzen unter 1 GHz vorgesehen, deren Stationen maximale
Reichweiten von ungefähr 20 Kilometer erreichen. Laut Bundesnetzagentur
endet die aktuelle Zuteilung für das 800-MHz-Band am 31.12.2025. Die
Frequenzen um 700 und 900 MHz sind bis 2033 befristet. Das heißt aber nicht unbedingt, dass
Telekom, Vodafone oder Telefónica sie nicht schon für 5G einsetzen
könnten - schließlich besitzen sie für diese Frequenzen Lizenzen.
Allerdings können diese auch nicht beliebig umgewidmet werden. Unter
anderem werden sie für die LTE-Versorgung benötigt, oder es kann
Komplikationen mit Nachbarländern geben, wenn die Frequenz-Nutzung noch
unterschiedlich ist. Dies ist bei 700 MHz der Fall.
Die 5G-Antenne einer Versuchsanlage in
NRW. (Foto: picture alliance/dpa) Die Betreiber wollen sich zumindest in
der Anfangsphase wohl auf das 3,6-GHz-Band für kurze Distanzen und für
den Flächenausbau auf die 800er-Frequenzen und das 700 MHz-Band
konzentrieren. Die Telekom hat dies kürzlich mitgeteilt. Vodafone hat
n-tv.de geschrieben, man wolle auch die 700-MHz-Frequenzen "zum mobilen
Breitband-Ausbau in der Fläche" nutzen, Ähnliches kann man bei
Telefónica nachlesen. Auch Funkmikrofone brauchen eine
eigene Frequenz Das 600-MHz-Band könnte noch
hinzukommen, wird allerdings auch dringend für Funkmikrofone und andere
sogenannte PMSE-Geräte benötigt. Was mit diesem Frequenzbereich
geschehen wird, entscheidet sich bei der Weltfunkkonferenz, die im
Herbst dieses Jahres in Ägypten stattfindet. Laut "EventElevator" will
sich die Bundesnetzagentur gegen einen künftigen Mobilfunk-Einsatz des
Spektrums unterhalb von 700 MHz einsetzen. Sicher ist das aber nicht.
In der Fläche bauen die Betreiber
zunächst noch das LTE-Netz aus. (Foto: Telefónica) Ein tatsächlicher Flächenausbau von 5G
wird kaum vor 2025 beginnen. Er wird realistisch betrachtet auch nicht
flächendeckend sein, obwohl die Bundesnetzagentur mit der
Frequenzvergabe die Auflage verbindet, bis Ende 2022 mindestens 98
Prozent der Haushalte je Bundesland mit Download-Geschwindigkeiten von
mindestens 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) zu versorgen. Außerdem
müssen die Betreiber je 500 Basisstationen in "weißen Flecken"
errichten. LTE statt 5G Dafür müssen die Telekom, Vodafone
oder Telefónica aber keine 5G-Technik verwenden. LTE kann das auch, denn
es geht nicht um praktisch erreichbare, sondern um technisch mögliche
100 Mbit/s. Dies bestätigte die Bundesnetzagentur in einer Antwort auf
eine Anfrage der Grünen. Welche Technik sie einsetzten, um die Vorgaben
zu erfüllen, sei den Netzbetreibern überlassen, heißt es darin. Aktuell sind die Mobilfunkbetreiber
aus der Frequenzvergabe von 2015 bereits verpflichtet, bis 2020
wenigstens 97 Prozent der Haushalte mit mindestens 50 Mbit/s zu
versorgen, was sie vielleicht schon nicht erreichen werden. Aber auch
eine 98-prozentige Abdeckung würde bei derzeit rund 41,3 Millionen
Haushalten bedeuten, dass immer noch etwa 830.000 Haushalte durchs
Raster fallen. Daran werden auch die 500
Basisstationen in weißen Flecken nicht viel ändern. Sie werden
voraussichtlich möglichst nahe an einer bestehenden oder für den
kommenden 5G-Ausbau geplanten Infrastruktur errichtet. Kein Anbieter
wird extra ein Glasfaserkabel in eine Einöde ziehen, um dort einen
einzelnen Sendemast aufzustellen. Außerdem gibt es in Deutschland weit
mehr als ein paar Hundert weiße Flecken. Wie viele es tatsächlich sind,
ahnt man beispielsweise, wenn man in die Netzausbau-Karte der Telekom
hineinzoomt. Keine Höchstgeschwindigkeiten
In Berlin sollen unter anderem
5G-Netze für Technologieparks gespannt werden. (Foto: Deutsche Telekom) Nach welchem Zeitplan die
Frequenz-Gewinner den 5G-Flächenausbau vorantreiben werden, ist noch
offen. Voraussichtlich werden die 800er- und 700er-Frequenzen zunächst
genutzt, um die LTE-Abdeckung zu gewährleisten. Wann und ob ein Ausbau
der Stationen auf 5G erfolgt, hängt wohl von der jeweiligen
Infrastruktur der Anbieter ab, wie viel Geld zur Verfügung steht und
welche Lizenzen man in diesem Bereich hat. Bei Telekom und Vodafone ist
dies früher zu erwarten, Telefónica hinkt bei der LTE-Abdeckung noch
hinterher, hat aber bereits gut aufgeholt. Auch wenn der Ausbau mit 5G erfolgt,
darf man auf der Fläche nicht mal ansatzweise die theoretischen
Höchstgeschwindigkeiten des Standards erwarten. Auch hier liegt die
Messlatte bei 100, eher 75 Mbit/s. Mehr ist bei den niedrigen Frequenzen
nicht zu machen. Das ist aber für private oder geschäftliche Nutzer, die
lediglich eine schnelle Breitbandverbindung benötigen, kein Grund zum
Jammern. Um Filme in 4K-Qualität zu streamen, braucht man beispielsweise
nicht mehr als stabile 25 Mbit/s. Auch an Autobahnen sowie wichtigen
Bundesstraßen und Schienenwegen ist ein 5G-Einsatz zunächst nicht
zwingend. Hier erwartet die Bundesnetzbehörde bis Ende 2022 wie auf der
Fläche mindestens 100 Mbit/s. Die geforderte Latenz von höchstens 10
Millisekunden ist eine größere Herausforderung, könnte aber wohl mit LTE
Advanced gemeistert werden. Die Bundesnetzagentur fordert bis 2022 von
den Netzbetreibern nur jeweils 1000 5G-Basisstationen, jeder weitere
5G-Ausbau ist freiwillig. Deutschland wird nicht gespickt
in einem sogenanten Campus-Netz werden
hohe Datenraten auf kurze Distanz benötigt. (Foto: Deutsche Telekom) Was also bleibt übrig vom
Schreckgespenst eines mit 5G-Masten gespickten Deutschland?
Möglicherweise herzlich wenig. Der Flächenausbau findet voraussichtlich
mit entsprechend weittragenden Frequenzen zunächst mit LTE statt und
wird dann nach und nach auf 5G umgestellt. Ähnliches passiert wohl an
den Autobahnen. Und was ist mit dem 3,6-GHz-Band?
Bundesnetzagentur-Sprecher Fiete Wulff erwartet, dass die Frequenzen
tatsächlich dafür eingesetzt werden, wofür sie am besten geeignet sind:
dem regionalen, industriellen Einsatz, wo auf kurze Distanzen große
Bandbreiten erforderlich sind. Oder in Städten, beispielsweise in
Berlin, wo Telekom und Senat schon vor 2021 ein 5G-Netz spannen möchten.
Dort sollen laut Pressemitteilung unter anderem der Technologiepark
Adlershof und der künftige Siemens-Innovationscampus versorgt werden.