Der kybernetische Raum oder der Cyberspace
Der Atlas aller Geräte mit einem Internetanschluss
"Jedes Gerät, überall,
pausenlos"Geheimdienste kartografieren das Internet"
Von Roland Peters
Die NSA-Software Treasuremap ist ein
monströses Werkzeug der Überwachung. Geheimdienste haben Zugriff auf die
Aufenthaltsorte aller Geräte im Netz, verknüpft mit Details zu ihren
Nutzern. Was angreifbar ist, wird markiert.
Deutsche Provider wie die Telekom sind vom
US-Geheimdienst NSA gehackt worden, geht aus Dokumenten des
Whistleblowers Edward Snowden hervor. Die Dateien zu diesen Berichten
hat nun "Spiegel Online" veröffentlicht. Dazu gehören eine interne
Präsentation über die Software Treasuremap, eine Mitteilung über ein
Update mit "vielen neuen Funktionen", die mit der höchstmöglichen
Geheimhaltungsstufe versehen ist, sowie ein Netzwerkplan des britischen
Geheimdienstes GCHQ, welche Provider wie angezapft werden.
Die beiden Geheimdienste haben offenbar
direkten Zugriff auf die internen Netze deutscher Unternehmen. Allein
bei der Telekom wären dann potenziell 60 Millionen Kunden unter
Beobachtung der National Security Agency. Die Dokumente zeigen auch die
Funktionsweise und den -umfang von Treasuremap, dem "weltweiten System
zur Netzwerk-Kartografierung und -erkundung", wie es in der Präsentation
heißt.
So zeigt ein Schaubild etwa, wie die Software
die verfügbaren Daten verwendet. Basis ist eine Weltkarte, auf der die
Internet-Leitungen verzeichnet sind, etwa Überseekabel oder
angeschlossene Rechenzentren. Zu sehen sind zudem Verbindungen zwischen
allen erfassten Geräten, mit denen die Nutzerdaten verknüpft sind und so
Personen identifiziert werden können. "Kartieren Sie das komplette
Internet - jedes Gerät, überall, pausenlos", tönt die NSA.
Suche nach jedem Gerät möglich
Zugriff auf Treasuremap haben offenbar alle
Geheimdienste der sogenannten Five Eyes, dem Verbund von USA,
Neuseeland, Kanada, Großbritannien und Australien. Das Programm führt
also viele von den Diensten abgegriffene Daten zusammen und erstellt so
grafische Übersichten. Verschlüsselte VPN-Netze sind ebenfalls
verzeichnet, genauso wie "IP-Adressen mit bekannten Sicherheitslücken",
also potenzielle Angriffsziele. Wenn das Analyseprogramm XKeyscore das
Google des US-Geheimdienstens NSA ist, dann ist Treasuremap das Google
Maps - so beschreibt "Spiegel Online" das Programm der National Security
Agency.
Über die Adresse eines Routers sollen auch
sämtliche mit ihm verbundenen Geräte über die jeweilige MAC-Adresse
eindeutig identifiziert werden können. Per Suchfunktion suchen
Geheimdienstmitarbeiter nach IP-Adressen, einzelnen Routern, über die
MAC-Adresse nach jedem jemals erfassten Gerät; sei es ein PC, ein
Drucker, ein Smartphone oder etwas anderes. Der Präsentation zufolge
existiert für Treasuremap offenbar auch eine Schnittstelle zu XKeyscore
und damit wohl auch zu dessen Datenquellen, sofern sie nicht direkt
integriert sind.
Das Szenario einer totalen Überwachung wird
damit zum Kinderspiel: Ist ein Ansatzpunkt vorhanden, etwa die
MAC-Adresse eines verwendeten Geräts, werden Nutzer zum offenen Buch.
Gibt ein Geheimdienstmitarbeiter etwa MAC-Adresse eines beliebigen
Mobiltelefons in die Suchmaske ein, erhält er detaillierte Information
darüber, wo sich der Nutzer befindet, potenziell auch, welche E-Mails
mit welchem Inhalt er geschrieben hat, mit wem er telefoniert hat und
worum es darin geht.
"Böse Jungs sind überall, gute irgendwo",
heißt es direkt auf der ersten Seite der Präsentation zu Treasuremap.
Der Leitsatz bestätigt die Vorgehensweise der Geheimdienste, die bereits
Ex-NSA-Chef Keith Alexander freimütig favorisierte: Um die Nadel im
weltweiten Heuhaufen der Daten zu finden, müsse eben der komplette
Haufen verfügbar sein - nicht nur ein Teil.
Quelle: n-tv.de
http://www.n-tv.de/politik/Geheimdienste-kartografieren-das-Internet-article13630241htmll