Der Mensch und die Schäden die der Mensch verursacht
Schweizer Steuer-Informant Falciani drohen sechs Jahre Haft
6. November 2015, 11:17
Vorwürfe reichen von wirtschaftlichem
Nachrichtendienst über unbefugte Datenbeschaffung bis Verletzung des
Bankgeheimnisses
Bellinzona – Im Prozess gegen den
mutmaßlichen Datendieb und ehemaligen HSBC-Mitarbeiter Herve Falciani
hat der Vertreter der Schweizer Bundesanwaltschaft eine unbedingte
Haftstrafe gefordert. Falciani werden wirtschaftlicher
Nachrichtendienst, unbefugte Datenbeschaffung und Verletzung des
Bankgeheimnisses vorgeworfen.
Falciani als "Whistleblower" (Hinweisgeber,
Anm.) zu bezeichnen sei eine Beleidigung dieser Informanten, sagte der
Vertreter der Bundesanwaltschaft in seinem Plädoyer heute, Freitag, vor
dem Bundesstrafgericht in Bellinzona (Tessin/Schweiz). Die Darstellung
Falcianis als "weißer Ritter" sei ein Lügengespinst, sagte der Vertreter
der Bundesanwaltschaft, Carlo Bulletti, während seines rund 45-minütigen
Plädoyers weiter.
Bulletti zählte die verschiedenen Phasen der
kriminellen Aktivitäten von Falciani auf. Er erinnerte an 2006, als
Falciani Daten der Bank HSBC beschaffte und vorbereitete. HSBC war
damals sein Arbeitgeber. 2007 habe der Ex-Informatiker von HSBC
versucht, die Daten zu verkaufen. Zuerst sei er in Kontakt mit
Saudi-Arabien gestanden, danach mit libanesischen Banken – um die Daten
dann ausländischen Behörden zu geben.
Bezahlung nicht entscheidend
"Wir wissen nicht, ob Herve Falciani sich für
die Daten bezahlen ließ", sagte Bulletti – aber das sei nicht wichtig um
eine Verurteilung zu begründen. Denn für den Ankläger ist der Fall von
wirtschaftlichem Nachrichtendienst erwiesen. Dafür spreche die Dauer der
kriminellen Aktivität und der Wert der verratenen Geheimnisse, welche
für die Schweiz eine diplomatische Krise bedeutete.
Falciani solle wegen wirtschaftlichem
Nachrichtendienst, unbefugter Datenbeschaffung und Verletzung des
Bankgeheimnisses verurteilt werden. Angesichts der kriminellen Energie,
welche der Angeklagte an den Tag gelegt habe, verlangte Bulletti eine
Haftstrafe von sechs Jahren.
Falciani hatte umfangreiche Kundendaten der
Schweizer Tochter der HSBC gestohlen und sie 2009 den französischen
Steuerbehörden übergeben. Anhand der Daten konnten weltweit tausende
Steuersünder überführt werden. Der Strafprozess gegen Falciani im
schweizerischen Bellinzona hatte am Montag in seiner Abwesenheit
begonnen. Der 43-Jährige lebt in Frankreich und weigert sich, in die
Schweiz zu reisen. Die Ermittlungen der Schweiz gegen die HSBC-Tochter
wurden im Juni nach Vereinbarung einer Millionenzahlung eingestellt.
(APA, 6.11.2015)
http://derstandard.at/2000025198224/Schweizer-Steuer-Informant-Falciani-drohen-sechs-Jahre-Haft