Quantenverschränkung: 50 Kilometer weite Übertragung gelungen
Quantenverschränkung: 50 Kilometer weite Übertragung gelungen
Atom und Photon verschränkt – Innsbrucker Forscher sprechen von
"Meilenstein auf dem Weg zu einem zukünftigen Quanteninternet"
29. August 2019, 13:32
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Innsbruck/Wien – Einmal mehr haben Innsbrucker Physiker einen neuen
Rekord bei der Quantenverschränkung aufgestellt: Erstmals ist es
gelungen, ein mit Materie verschränktes Lichtteilchen über ein 50
Kilometer langes Glasfaserkabel zu übertragen – bisher gelang dies nur
100 Meter weit. Das Team um Ben Lanyon vom Institut für
Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem ÖAW-Institut für
Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) spricht von einem
"Meilenstein auf dem Weg zu einem zukünftigen Quanteninternet".
Beim Quanteninternet will man sich die besonderen Phänomene der
Quantenphysik unter anderem für absolut abhörsichere Kommunikation
zunutze machen. Das Problem dabei ist, dass Quanteninformation nicht
kopiert und daher nicht über größere Distanzen in einem klassischen
Netzwerk übertragen werden kann. Übertragen werden müssen vielmehr
Quantenteilchen als Träger der Information, und dafür braucht es
spezielle Schnittstellen.
Das verschränkte Paar
Die Innsbrucker Physiker nutzten ein in einer Ionenfalle gefangenes
Kalziumatom als Ausgangspunkt ihres Experiments. Dann schrieben sie mit
Laser einen Quantenzustand in das Ion ein und regten es zur Aussendung
eines Lichtteilchens (Photon) an. In dessen Polarisation (Richtung der
Lichtschwingung) ist die Quanteninformation gespeichert. Bei diesem
Vorgang werden die Quantenzustände des Atoms und des Lichtteilchens
verschränkt.
ImageDamit die Methode funktioniert, muss die Wellenlänge des Photons so
verändert werden, dass es über herkömmliche Glasfaserleitungen gesendet
werden kann Illustration: IQOQI Innsbruck/Harald Ritsch
Das Problem ist, dass das vom Kalziumion ausgesendete Photon mit einer
Wellenlänge von 854 Nanometern in einem Glasfaserkabel nicht weit kommt,
weil es rasch absorbiert wird. Lanyon änderte nun die Wellenlänge des
Photons auf den optimalen Wert für Langstrecken (1.550 Nanometer), indem
sie es durch einen nichtlinearen, mit einem starken Laser angestrahlten
Kristall schickten. Derart "aufgeputscht" schaffte das Photon die Reise
durch eine 50 Kilometer lange Glasfaser und bleibt dabei trotz Änderung
der Wellenlänge und dem langen Marsch mit seinem Ion verschränkt.
Quantensprung
Ein Sprung von 100 Metern auf 50 Kilometer sei aber nicht einfach nur
"um zwei Größenordnungen weiter, als es bisher möglich war" – er
ermögliche erstmals eine praktikable Distanz für den Bau von regionalen
Quantennetzwerken, so Lanyon. Die Arbeit lieferte auch den theoretischen
Nachweis, dass man mit dieser Methode Ionen über eine Distanz von 100
und mehr Kilometer verschränken kann. Dafür müssten zwei Knoten jeweils
ein verschränktes Photon über eine Distanz von 50 Kilometer zu einer
Zwischenstation senden.
Misst man die Lichtteilchen dort derart, dass sie ihre Verschränkung mit
den Ionen verlieren, werden dadurch die beiden 100 Kilometer entfernten
Ionen miteinander verschränkt und besitzen damit die selbe
Quanteninformation. Damit werde es vorstellbar, in den kommenden Jahren
das weltweit erste Intercity-Licht-Materie-Quantennetzwerk zu bauen: Nur
eine Handvoll Ionenfallen-Systeme würden benötigt, um beispielsweise ein
Quanteninternet zwischen Innsbruck und Wien aufzubauen – zwei Hotspots
in der quantenpyhsikalischen Forschung. (APA, red, 29. 8. 2019)
Link
Quantum Information: "Light-matter entanglement over 50 km of optical
fibre"
https://www.derstandard.at/story/2000107940741/quantenverschraenkung-50-kilometer-weite-uebertragung-gelungen