50 Beispiele, wie Künstliche Intelligenz funktioniert
50 Beispiele, wie Künstliche Intelligenz
funktioniert
Autor Bernard Marr zeigt, wie künstliche
Intelligenz in fünfzig Unternehmen weltweit zum Einsatz kommt.
Von Sira Huwiler-Flamm
am 02.05.2020
Die Einstellung «Mensch gegen Maschine» gehört
der Vergangenheit an. Zumindest wenn es nach dem frisch übersetzten Buch
«Künstliche Intelligenz in Unternehmen» von Bernard Marr geht.
Der Autor beleuchtet darin fünfzig weltweit
agierende Unternehmen und zeigt dabei, wie vielfältig KI bereits heute
problemlösend in der Businesswelt zum Einsatz kommt. Einer seiner
Leitsätze dabei: «Künstliche Intelligenz (…) wird die Welt ein für alle
Mal verändern.»
Autor Bernard Marr wurde nahe Hamburg geboren,
arbeitet heute weltweit und gilt als einer der führenden KI-Experten. Er
berät internationale Grosskonzerne und Regierungen in Sachen
maschinelles Lernen, Big Data, Blockchain und digitale Transformation –
darunter Google, DHL und Microsoft sowie die Nato und die Vereinten
Nationen.
Zudem hat er bereits über 15 englischsprachige
Bücher geschrieben, die Titel tragen wie «Data-Driven HR» (Kogan Page,
2018) oder «Big Data For Small Business» (in der Reihe «For Dummies»,
2016). Viele seiner Bücher wurden in über zwanzig Sprachen übersetzt.
Das aktuelle Werk erschien 2019 in der englischen Originalfassung. Seit
Anfang April ist es in der deutschsprachigen Version erhältlich.
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Arbeitsumfeld vollständig transformieren
KI sei nicht nur ein polarisierendes
Trendthema, das Skeptiker als die «ultimative Bedrohung» und Fans als
«die Rettung, welche die grössten Probleme der Menschheit zu lösen
vermag» ansehen.
In der Einführung des Buches prophezeit
Bernard Marr: «Ungeachtet des Berufes, den Sie ausüben, und der Branche
oder Industrie, der Sie angehören, wird die KI Ihr Arbeitsumfeld
erweitern, wenn nicht gar vollständig transformieren.»
Die Bedeutung, die in diesem Satz mitschwingt:
Es geht uns alle etwas an, weil es uns alle früher oder später betreffen
wird. Ziel des Buches sei es, «Mythen zu entschleiern, die sich um die
KI ranken, und gleichzeitig auf die enormen Chancen hinzuweisen, die sie
uns eröffnet.»
Künstliche Intelligenz sei dabei nicht neu,
die ersten Prototypen seien bereits in den 1950er Jahren entstanden. Die
Grundlage, die sich seither nicht verändert hat: «KI bezieht sich auf
die Fähigkeit von Computersystemen oder Maschinen, intelligente
Verhaltensweisen zu entwickeln, die eigenständiges Handeln und Lernen
ermöglichen.»
KI bereits heute weltweit im Einsatz
Frühe Beispiele seien etwa die automatische
Entzifferung von Anschriften auf Briefen, die der US Postal Service
bereits 1997 eingeführt hat. Heute seien durch die enorme Zunahme von
Datenmengen und Rechenleistungen viel komplexere Algorithmen möglich –
bis hin zu Machine-Learning-Systemen.
Dabei nimmt «der Computer (…) die
Informationen auf und erzeugt seine eigenen Algorithmen, entweder
völlig selbstständig (…) oder mit menschlicher Unterstützung». Durch
diese Fähigkeit des tief gehenden Lernens (Deep Learning) können
Computer heute etwa einzelne Personen auf Bildern und in Videos
erkennen, gesprochene Worte verschriftlichen oder auf
Smart-Home-Anweisungen reagieren.
Buchcover Künstliche Intelligenz in
Unternehmen - Bernard Marr
Bernard Marr: «Künstliche Intelligenz in
Unternehmen: Innovative Anwendungen in 50 erfolgreichen Firmen».
Wiley-VCH Verlag, 362 Seiten, 51.90 Franken.
Quelle: ZVG
Gestaffelt in die Kategorien «Wegbereiter der
künstlichen Intelligenz», «Einzelhandel, Konsumgüter, Nahrungsmittel-
und Getränkeindustrie», «Medien, Unterhaltungsbranche und
Telekommunikation», «Unternehmen im Dienstleistungs-, Finanz- und
Gesundheitssektor» und «Produktionsbetriebe, Automobilhersteller,
Raumfahrt- und Industrie-4.0-Unternehmen», taucht Marr anschliessend in
je zehn Fallbeispiele ein und zeigt dabei, wie KI bereits heute weltweit
in der Wirtschaft zum Einsatz kommt.
Drei Anwendungsbereiche seien dabei zentral:
«Unternehmen können die KI nutzen: (1) um ihre Kundenkenntnis und
Kundeninteraktionen zu verbessern; (2) um intelligentere Produkte und
Dienstleistungen anzubieten; und (3) um Geschäftsvorgänge zu optimieren
und zu automatisieren.»
Praktische Herausforderungen
Am Beispiel von Facebook veranschaulicht
Bernard Marr, wie die Milliarden Nutzerdaten nicht nur dafür genutzt
werden, um jedem User etwa personalisierte Inhalte und Werbeanzeigen zu
präsentieren, sondern auch zur Prävention gegen gewaltvolle oder
obszöne Inhalte sowie zur Suizidprävention für einzelne Nutzerinnen und
Nutzer.
Die Gesichtserkennungstechnologie des
Netzwerks sei durch das Training mit rund vier Millionen Bildern in der
Lage, zu 97,35 Prozent den richtigen User auf Bildern zu erkennen. Eine
ganz andere Art von Wegbereiter der KI ist das chinesische
E-Commerce-Unternehmen JD.com.
Der Konzern will irgendwann zu 100 Prozent von
KI und Robotern betrieben werden und ist auf dem besten Weg dazu: Pakete
werden von Robotern bestückt und gepackt, selbststeuernde Lieferwagen
und Drohnen stellen Pakete zu – und das Fulfillment-Zentrum in
Schanghai, das 200 000 Aufträge pro Tag abwickelt, beschäftigt nur noch
vier Mitarbeitende.
Der Aufbau des Buches ist nachvollziehbar,
strukturiert und macht sogar Spass! Ziel des Autors war es, «die
technischen Einzelheiten auf eine allgemein nachvollziehbare Ebene zu
beschränken». Das ist Bernard Marr gelungen. Die Ausführungen bringen
die Fakten auf den Punkt, die Fallbeispiele geben pointierte Einblicke
in konkrete Anwendungsgebiete und bringen so manchen Leser zum Staunen.
Abschliessend geht der Autor praxisnah auf die
Herausforderungen im Umgang mit KI ein und beschreibt, wie die Umsetzung
im eigenen Unternehmen gelingen kann. Eine KI- und Datenstrategie,
welche die wirkungsvollsten Einsatzmöglichkeiten von KI sowie die
grössten strategischen Chancen und Bedrohungen im Unternehmen
analysiert, sollte «Ausgangspunkt für jede KI-Anwendung» sein.
Er rät allen Unternehmen, den möglichen
Einsatz von künstlicher Intelligenz zu prüfen, «andernfalls besteht die
Gefahr, im KI-Goldrausch abgehängt zu werden».