BND-Abhör-Skandal in Österreich: Steckt die NSA dahinter?
Spionage im digitalen Zeitalter: Terroristen im Internet überlegen
Auch die größte Herausforderung für die Geheim- und Nachrichtendienste
in der Neuzeit, die Terrorismusbekämpfung, erfordere technische
Aufrüstung, so Beer.
„Terroristen, Islamisten sind auch sehr, sehr gut ausgebildet und
technologisch ausgerüstet, sodass sie sogar manchen Diensten, ich
vermute, auch dem österreichischen, immer wieder ein bisschen voraus
sind und für Überraschungen sorgen. Auch mit Strategien, wie man
Aufmerksamkeit bekommt. Global gesehen könnte man sagen, gibt es sowas
wie einen neuen Kalten Krieg zwischen Terrorstaaten und Staaten der
Zusammenarbeit.“
© AP Photo / Matthias Schrader
BND soll Österreich massiv ausgespäht haben - Kanzler Kurz setzt
Krisentreffen an
Seit dem Terrorangriff von 11. September 2001 sei die
Terrorismusbekämpfung das bestimmende und zentrale Thema, sagt auch Gert
Polli. Seither habe sich auch die Perspektive und die Intensität der
Zusammenarbeit der Geheimdienste verändert. Andere Themenbereiche seien
hingegen in den Hintergrund gerückt, weil die Ressourcen dafür schlicht
nicht ausreichten.
Die moderne Spionagearbeit operiere viel im digitalen Raum. Auch die
modernen Herausforderungen lägen dort – Stichwort Cyber-Warfare.
„Wir können heute nur sehr schwer die Urheberschaft von Cyber-Angriffen
nachweisen. Es gibt nicht nur innerhalb der amerikanischen Geheimdienste
Bereiche, die sich damit beschäftigen, wie man solche Angriffe so tarnt,
dass sie den Eindruck erwecken, aus China oder aus Russland zu kommen.
Das macht die Situation so schwierig, was auch politische Vergeltung
angeht wie Sanktionen.“
Interessant sei, dass selbst die deutsche Abwehr bis heute nicht
feststellen konnte, wie die NSA-Abhöraktion der Bundeskanzlerin 2013
tatsächlich gelaufen sei.
„Das zeigt, wie groß die Kluft ist zwischen europäischen Ressourcen der
Abwehr solcher Angriffe und den Möglichkeiten, die die Amerikaner, aber
auch die Russen und die Chinesen haben. Da stehen wir erst am Anfang.“
Seit Snowden hat sich wenig verändert
Im aktuellen Spionageskandal in Österreich rechnet Polli nicht damit,
dass es zu einer lückenlosen Aufklärung kommen wird, wie sie von
Sebastian Kurz und Alexander Van der Bellen gefordert wird.
„Ich rechne nicht damit, dass wir letztendlich Schuldige feststellen
können. Ich rechne auch nicht damit, dass wir in Österreich in der Lage
sein werden, Strukturen aufzubauen, um so etwas zu verhindern – also
Cyber-Angriffe und Abhöraktionen.“
>>Andere Sputnik-Artikel: Giftaffäre: BND soll "Nowitschok"-Proben in
den 1990ern beschafft haben
Auch der Grazer Geheimdienstexperte Siegfried Beer gibt sich wenig
optimistisch. Er erinnert daran, dass die Ergebnisse des
Untersuchungsausschusses zur Snowden-Affäre sehr mager waren.
„Es hat sich auch kaum etwas verändert. Die NSA hat sich ein bisschen
adjustiert, und vielleicht gibt es auch in der Zusammenarbeit zwischen
BND und NSA und von mir aus auch militärischen Diensten in Deutschland
sozusagen kleine Veränderungen. Aber das Grundresultat dieses
Ausschusses war doch: Die einzige Möglichkeit, sich gegen das zu wehren,
was die NSA in der Welt und auch in Deutschland macht, ist, selbst auch
die Amerikaner auszuspionieren und genau das zu machen, was sie bei uns
machen. Und genau das ist passiert. Es ist sonst sehr, sehr wenig
passiert. Snowden hat meiner Meinung nach sehr wenig Effekt in der Welt
gehabt. Außer, dass er das Bewusstsein der Bürger in der Welt gehoben
hat, die jetzt mehr erfahren und mehr wissen und mehr gelernt haben, was
Dienste so machen.“
Dass der aktuelle Abhör-Skandal die Beziehungen zwischen Deutschland und
Österreich nachhaltig schädigen wird, glaubt Beer aber nicht. Hüben wie
drüben erkenne die Politik, dass Spionage unter Freunden eigentlich
völlig normal sei und es wichtigere Probleme gebe als dieses.
https://de.sputniknews.com/politik/20180620321248326-bnd-abhoer-skandal-spionage/