UMTS-Abschaltung: Das Ende von 3G naht auch in Österreich
In Deutschland bereits deaktiviert, hat man
es hierzulande weniger eilig, die Richtung ist aber dieselbe. 2G wird
den Nutzern hingegen noch lange erhalten bleiben
Heutzutage investieren die Mobilfunker vor
allem in ihre 5G-Netze, Altlasten wie 3G sollen nach und nach abgebaut
werden.
In der Mobilfunkbranche ist das mit den Gs
irgendwie einfacher als bei Covid-Vorschriften. Auf 2G folgte 3G, dann
4G und zuletzt – Überraschung – sogar 5G. Schön brav aufsteigend
sortiert, brachte jede neue Generation – genau dafür steht das G im
Namen nämlich – eine gesteigerte Leistungsfähigkeit, was der breiten
Masse praktischerweise leicht zu vermitteln ist.
Im Detail ist das alles natürlich etwas
komplizierter. Denn jede dieser Mobilfunkgenerationen hat auch so ihre
Eigenheiten, die dafür sorgen, dass ein neuer Standard nicht einfach den
Vorgänger ersetzen kann. Das wiederum führt dazu, dass bis heute viele
Altlasten mitgeschleppt werden – zumindest bis jetzt. Denn nun naht das
Ende für eine der erwähnten Mobilfunkgenerationen – wenn auch nicht
überall gleich schnell.
Deutschland geht voran
Die Vorreiterrolle übernimmt dabei
Deutschland. Dort ist die mittlerweile mehr als zwanzig Jahre alte
Technologie nämlich bereits Geschichte. Mit Ende des Jahres 2021 hat
Telefónica sein 3G-Netz deaktiviert – und zwar als letzter großer
Netzanbieter des Landes. Sowohl die Deutsche Telekom als auch Vodafone
hatten sich bereits einige Monate zuvor von dem oft auch UMTS genannten
Standard verabschiedet. Die Provider betonten dabei unisono, dass man
die Netze schlicht nicht mehr brauche, weil die Funktionalität von 3G
durch die Nachfolger komplett ersetzt würde. Vor allem aber könne man
sich so besser auf den 5G-Ausbau konzentrieren und auch Ressourcen dafür
freimachen.
Alles ein bisschen später hier
Aber wenn dem wirklich so ist, warum hat sich
dann bisher kein österreichischer Netzanbieter von 3G verabschiedet?
Eine gute Frage, der DER STANDARD bei den heimischen Mobilfunkern
nachgespürt hat, um dabei auch gleich einmal herauszufinden, was der
weitere Plan ist – und auch wie es mit dem noch älteren 2G-Support
weitergeht.
Bei einem sind sich sämtliche großen Provider
einig: So richtig eilig scheint es niemand zu haben. Einzig A1 nennt
überhaupt einen konkreten Zeitpunkt: Voraussichtlich Ende 2024 werde man
das 3G-Netz endgültig einstellen. Freilich gehe so ein Wechsel nicht von
einem Tag auf den anderen, also werden schon bis dahin nach und nach die
betreffenden Frequenzen – 3G teilt sich hier viel mit seinen Nachfolgern
– vermehrt für neuere Technologien wie LTE (also: 4G) und 5G verwendet
werden.
Widerspruch
Dass eine Deaktivierung von 3G gewisse
Vorteile hat, da stimmt auch Magenta zu. Einen fixen Termin will man
allerdings noch nicht nennen, man evaluiere derzeit die Situation, heißt
es vage. Bei "3" steht man solchen Tendenzen hingegen generell
kritischer gegenüber: Derzeit habe man keinerlei Pläne in diese
Richtung, heißt es. Und zwar mit gutem Grund: Die Deaktivierung von 3G
würde dazu führen, dass Geräte, die kein LTE unterstützen, nur mehr über
das noch ältere – und gerade bei Daten extrem langsame – 2G versorgt
würden.
Unterschiedliche Perspektiven
Ein Umstand, der den beiden anderen
Betreibern weniger Kopfzerbrechen bereitet. Bereits im Jahr 2016 seien
sämtliche der eigenen Tarife kostenlos auf LTE als Minimum umgestellt
worden, betont etwa Magenta. Vor allem aber sei die Zahl der derzeit
noch genutzten Mobiltelefone, die nur 3G unterstützen, sehr gering. Bei
A1 klingt das ähnlich, vor allem der Datenverkehr über UMTS spiele kaum
mehr eine Rolle. Bei solch alten Mobiltelefonen gehe es eigentlich nur
mehr um Telefonie.
Das Sprach-Downgrade
Tatsächlich gibt es hier aber einen Punkt,
der bei einer 3G-Deaktivierung tatsächlich viele User betreffen würde:
LTE-Support bedeutet nämlich nicht, dass ein Smartphone auch
Voice-over-LTE (VoLTE) unterstützt – also die Abwicklung der
Sprachtelefonie auf diesem Weg. Oder dass der eigene Mobilfunktarif oder
gar die Kombination zwischen Anbieter und gewähltem Smartphone VoLTE
ermöglichen. Selbst so manche 4G-fähigen Smartphones würden nach einer
Deaktivierung des 3G-Netzes für diese Aufgabe also auf 2G zurückfallen.
In der Nutzung sollte das freilich nur wenig Unterschied machen, eine
bessere Sprachqualität gibt es ohnehin nur mit VoLTE.
Hintergrund
3G war so etwas wie der Einstieg in das
mobile Breitbandinternet. Boten auf 2G basierende Datenstandards wie
GPRS oder Edge eine Datenübertragungsrate von gerade einmal (maximal)
53,6 bzw. 220 kbit/s, lässt sich 3G mit HSDPA+ immerhin bis zu 42 MBit/s
schnell übertragen. Dabei handelt es sich allerdings um einen
Maximalwert, der in der Praxis kaum erreicht wird.
Wozu das alles?
Trotzdem stellt sich natürlich die Frage:
Warum überhaupt 3G abdrehen? Aus der Perspektive der Netzbetreiber ist
die Antwort eindeutig. Mit jeder Mobilfunkgeneration geht auch ein
gewisser Wartungsaufwand einher, das reicht von Mitarbeitern, die das
Netz betreuen müssen, bis zum Zurückbehalten von Ersatzteilen für alte
Mobilfunkhardware. Aus Nutzersicht dominiert vor allem die Hoffnung
darauf, dass durch die Deaktivierung des 3G-Netzes Frequenzen für eine
modernere Datenübertragung frei werden. Zudem darf aber auch ein anderer
Punkt nicht vergessen werden. Über die Jahre wurden zahlreiche
Sicherheitsverbesserungen an den Mobilfunkstandards vorgenommen, 3G ist
hier einfach nicht mehr zeitgemäß.
Augen zu und 2G
Letzteres Argument würde natürlich besser
ziehen, gäbe es da nicht noch einen anderen Schwachpunkt: das noch
einmal zehn Jahre ältere 2G-Netz, das ja ebenfalls noch in Betrieb und
als notorisch unsicher bekannt ist. In diesem wurden über die Jahre
viele grundlegende Sicherheitsschwächen, die etwa den Einsatz von
falschen Mobilfunksendern – sogenannte IMSI-Catchern – ermöglichen. Und
solange dieses Netz aktiv ist, können Angreifer die Nutzer auch auf
dessen Nutzung herunterzwingen – eine sogenannte Downgrade-Attacke.
Die schlechte Nachricht: Im Gegensatz zu 3G
ist hier kein Ablaufdatum in Sicht, da sind sich die befragten
Mobilfunker einig. 2G sei ein derzeit nicht ersetzbarer Standard, und
zwar weniger wegen der Datenübertragung, da darüber ohnehin kaum mehr
verwendbare Geschwindigkeiten geboten werden, sondern vor allem aufgrund
des Bereichs Telefonie. Mit 2G kommt man schlicht besser in Gebäude als
mit vielen der Nachfolgetechnologien.
Doch auch in vielen ländlichen Regionen
fallen die heimischen Netze oft noch auf 2G zurück. Dazu kommt, dass 2G
sehr viel bei Maschine-zu-Maschine-Anwendungen (M2M) zum Einsatz kommt.
Bis dort alles auf moderne Nachfolger umgestellt wird, dürfte noch
gehörig Zeit vergehen. (Andreas Proschofsky, 15.1.2022)
https://www.derstandard.de/story/2000132550961/umts-abschaltung-das-ende-von-3g-naht-auch-in-oesterreich